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Donnerstag, 20. November 2014
fest akt 125 jahre marienhausen
Von aulhausen, 21:15

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- Festakt anlässlich des 125jährigen Bestehens der Jugendhilfe Marienhausen - Vorträge beleuchten das Leben des Gründers Matthäus Müller und die heutige Lebenswelt von Jugendlichen

Viele Gäste kamen zum Festakt:

Aulhausen, den 20. November 2014.- Mit einem Festakt mit 150 geladenen Gästen endeten heute die Feierlichkeiten anlässlich des 125jährigen Bestehens der Jugendhilfe Marienhausen. „Mit einer Reihe besonderer Veranstaltungen haben wir im zurückliegenden Festjahr unserem Jubiläum einen für alle Beteiligten würdigen Rahmen gegeben“, freute sich Michael Scheuer, der Leiter der Jugendhilfe Marienhausen. Seit Jahresbeginn hat die Einrichtung eine Waldolympiade für die Kinder und Jugendlichen organisiert, die Mitarbeiter zu einer Fahrt nach Kloster Marienstatt, den Wurzeln der Einrichtung, eingeladen und war Veranstalter von zwei viel beachteten Festen: dem Inklusiven Zirkusprojekt und dem Open Air Festival Rock im Stift im Sommer.

„125 Jahre Jugendhilfe Marienhausen feiern zu können, ist nicht selbstverständlich“, betonten Michael Scheuer und Dr. Dr. Caspar Söling, Geschäftsführer der Sankt Vincenzstift gGmbH, die Träger der Jugendhilfeeinrichtung ist. „Es ist vielmehr ein besonderer Anlass zu feiern, weil es in der langen Geschichte der Einrichtung  immer wieder Zeiten und Vorkommnisse gab, die eine existenzielle Gefährdung für ihren Fortbestand bedeuteten, zumindest aber gravierende Veränderungen und Reformen mit sich zogen.“ Sie hoben vor allem zwei Ereignisse hervor: Die Übernahme der Einrichtung durch die Nazi-Diktatur von 1939 bis 1945, sowie die Trägerabgabe im Jahre 1991 durch den Erzieherorden der Salesianer Don Boscos, der zuvor über 60 Jahre für die Geschicke der Einrichtung Marienhausen verantwortlich zeichnete.

„Auch die unverzeihlichen  Vorkommnisse und Übergriffe der 60er und 70er Jahre, die sich  in vielen sozialen Einrichtungen ereigneten, so auch in Marienhausen, führten dazu, dass alle Verantwortlichen der Jugendhilfe angewendete Pädagogik und vorliegende Konzepte bis auf grundsätzliche Annahmen in Frage stellten, überarbeiteten und die Jugendhilfe im Allgemeinen und speziell auch bezogen auf Marienhausen einem radikalen Wandel unterzogen“, erinnerte Dr. Dr. Caspar Söling.

Heute sei die Jugendhilfearbeit zwar gut aufgestellt: Etwa durch verbesserte Betreuungsschlüssel, neue pädagogische Konzepte, eine wertschätzende Arbeit mit den Kindern, die Förderung von Partizipation und Kinderschutz in der Arbeit mit dem Heimrat, die konsequente und professionelle Arbeit mit Eltern und Familiensystemen. Doch die unmittelbare Zukunft  bringe neue Herausforderungen, so Michael Scheuer: „Wir müssen feststellen, dass gerade derzeit Gefährdungen und schwierige Problemlagen im Umfeld der Jugendhilfe zu erkennen sind, die von allen Verantwortlichen, Politikern, Strategen und in der Praxis Stehenden mit großer Aufmerksamkeit bedacht werden müssen.“

Er verwies auf die extrem hohe Zahl von Kindern und Jugendlichen mit psychiatrischen oder traumatisierten Hintergründen sowie auf die multiplen und schwer überschaubaren Störungen der Familiensysteme, in denen diese Kinder und Jugendlichen beheimatet seien. „Die Arbeit mit diesen Kindern erfordert ein hohes Maß an Fachlichkeit, Geduld und Konstanz. Dem gegenüber steht jedoch die Forderung, Jugendliche mit diesem Background  bereits zur  Volljährigkeit in den Einrichtungen so weit verselbständigt zu haben, dass sie einem Leben in der Gesellschaft gewachsen sind und auf eigenen Beinen stehen können. Dies in einer Zeit, in der Jugendliche und junge Erwachsene aus regulär funktionierenden Familien heute oft nicht vor ihrem 25. Lebensjahr den Schritt in eine eigene, selbstständige Lebensgestaltung  wagen“, unterstrich Michael Scheuer.

Auch die aktuelle explodierende Zahl von unbegleiteten Flüchtlingskindern und –jugendlichen, die derzeit in die Einrichtungen drängten und die teilweise ebenfalls mit massiven traumatischen Erlebnissen behaftet seien, stelle die Jugendämter und Einrichtungen vor schwierige organisatorische und pädagogische Herausforderungen.

„Deshalb gilt es gerade jetzt, sich der hohen gesellschaftlichen Relevanz der Jugendhilfe bewusst zu sein, Stärken, Standards, aber auch Grenzen und Schwächen zu erkennen und unlautere Forderungen nach Reduzierung von Leistungen ggf. auch sehr kritisch zu erwidern“, forderte der Leiter der Jugendhilfe Marienhausen, und dankte ausdrücklich den Vertretern des Rheingau-Taunus-Kreises, die sich immer für eine den Standards angemessene Jugendhilfe entschieden haben.

In Grußworten hatten zuvor Staatsminister Stefan Grüttner, die Landtagsabgeordnete Petra Müller-Klepper, die Kreisbeigeordnete Monika Merkert und Dr. Hejo Manderscheid, Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e.V., die Bedeutung der Jugendhilfe Marienhausen für den Landkreis und die Region unterstrichen.

Die Veranstalter hatten darüber hinaus zwei Redner eingeladen, in Festvorträgen einerseits das Leben und Wirken des Prälaten Matthäus Müller, des Begründers der Kinder- und Jugendhilfe Marienhausen, näherzubringen, andererseits die Studie des SINUS-Instituts: „Wie ticken Jugendliche?“ vorzustellen.

„Warum haben wir Dr. Andreas Henkelmann von der Ruhr Universität Bochum gebeten, einen bedeutenden Teil des heutigen Festaktes unserem Gründer zu widmen?“, fragte Michael Scheuer. „Einerseits selbstverständlich  deshalb, weil er mit seinem Wirken vor 125 Jahren die Grundlage zum heutigen Festakt gelegt hat.  Mindestens genauso wichtig war für uns allerdings die Tatsache, dass Matthäus Müller ein Kämpfer und Verfechter seiner Ideen und Konzepte war, basierend auf seinem unerschütterlichen christlichen Glauben, dass er an sich und seine achtsame und wertschätzende Pädagogik geglaubt hat, und mit diesem Glauben insofern Berge versetzt hat, als er sich auch gegenüber lautesten Kritikern, schwierigsten Ausgangslagen und oft hoffnungslosen Situationen durchgesetzt hat. Vielleicht können wir davon heute einiges in unseren Alltag mitnehmen.“

In seinem Vortrag über den Gründer der Jugendhilfe Marienhausen ging Dr. Andreas Henkelmann von der Ruhr Universität Bochum unter dem Titel: ‚Ein konservativer Reformer: Matthäus Müller und die Entwicklung der Kinder- und Jugendfürsorge im Kaiserreich“ auf das Leben und Wirken des Geistlichen ein. Matthäus Müller (1846–1925) gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten des caritativen Katholizismus im Kaiserreich. Er leitete von 1884 bis 1924 die Rettungsanstalt der Diözese Limburg, er begründete 1893 die ‚Diözesanidiotenanstalt‘ in Aulhausen, der er als Direktor bis 1902 ebenfalls vorstand. Dazu war er an der Entstehung des Seraphischen Liebeswerkes beteiligt, er gehörte von 1890 bis 1909 dem Vorstand an, und gründete 1897 den Caritasverband für die Diözese Limburg. Außerdem war Müller publizistisch tätig und äußerte sich regelmäßig zu Fragen der katholischen Kinder- und Jugendfürsorge in verschiedenen Fachzeitschriften.

Müller zählt zu den wichtigsten Reformern der katholischen Kinder- und Jugendfürsorge im Kaiserreich. Zu seinen zentralen Anliegen gehörte beispielsweise eine verbesserte Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher. Will man die Grundlagen und Verstehensprämissen seines Wirkens in ihrer Tiefenstruktur nachvollziehen, empfiehlt es sich, als Kontext die 1909 gegründete Vereinigung für katholische caritative Erziehungstätigkeit heranzuziehen, der auch Müller angehörte. Die Vereinigung trat wie Müller für Reformen ein und organisierte so die ersten katholischen Ausbildungskurse für Erziehungspersonal. Allerdings zeigen sich in wichtigen Fragen, v.a. mit Blick auf die sogenannten „Unerziehbaren“, deutliche Unterschiede auf. Eine Reihe von Mitgliedern folgte der Perspektive einer sozialdarwinistisch beeinflussten Psychiatrie und Psychologie und daraus resultierenden Lösungsvorschlägen. Müller reagierte auf derartige Entwicklungen skeptisch. Sein Erziehungsverständnis blieb auch im ausgehenden Kaiserreich primär religiös geprägt und baute auf einem Zusammenwirken von Vernunft, Liebe und v.a. Religion auf.

Den Bezug zu den Kindern und Jugendlichen der Gegenwart stellte Peter Martin Thomas her, der Leiter der Sinus-Akademie. „Die Vorstellung der Ergebnisse der Sinus-Studie ‚Wie ticken Jugendliche?‘ entführte die Gäste in die heutigen Lebenswelten junger Menschen. Die 2012 durchgeführte Studie basiert auf 72 Interviews mit Jugendlichen aus verschiedenen Städten, auf schriftlich gestellten Fragen zu ihrem Leben sowie aus Fotos, die die Befragten von ihren Zimmern gemacht hatten. Ein wichtiges Ergebnis: Es gibt kein einheitliches Bild der Jugend „von heute“, die Jugend lässt sich nur in ihrer Unterschiedlichkeit betrachten. Aus den Ergebnissen lassen sich jedoch sieben Lebenswelten herausarbeiten, die zeigen können, wie die Jugend in Deutschland denkt und fühlt: Das reicht von den sogenannten Prekären, die sich oft für die soziale Stellung ihrer Eltern schämen und Ausgrenzung wahrnehmen, über die experimentalistischen Hedonisten, die ihr Leben einfach genießen und möglichst kreativ gestalten wollen bis hin zu den Konservativ-Bürgerlichen, für die Selbstdisziplin wichtiger ist als Selbstentfaltung. Bei aller Verschiedenheit schätzen fast alle Jugendlichen traditionelle Werte wie Sicherheit, Pflichtbewusstsein, Familie und Freundschaft."

 

 

Zur Geschichte der Jugendhilfe Marienhausen:

Im Jahr 1889 zog die Diözesanrettungsanstalt „Zum Heiligen Josef“ unter Prälat Matthäus Müller von Marienstatt im Westerwald nach Marienhausen. Damals bot die Einrichtung Platz für 200 Kinder- und Jugendliche. 1924 übernahmen die Salesianer die Leitung des Kinder- und Jugendheims, die die Einrichtung, nach der Enteignung im Dritten Reich, ab 1945 wieder als Schüler- und Lehrlingsheim führten. Bis 1991 wurde die Anzahl der Plätze schrittweise auf unter 40 Plätze gesenkt.

1991 übernahm die Stiftung St. Vincenzstift Aulhausen und Rettungsanstalt zum Hl. Josef -heute die zur Josefs-Gesellschaft gehörende Sankt Vincenzstift gGmbH- die Trägerschaft. Mit dem Trägerwechsel erfolgte auch eine inhaltliche und konzeptionelle Neuorientierung.

Die Jugendhilfe Marienhausen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem modernen Jugendhilfeverbund entwickelt. Auf Grundlage des SGB VIII hat eine weit reichende Differenzierung und Dezentralisierung stattgefunden. Die Einrichtung bietet Betreuung für rund 70 Kinder und Jugendliche, die in individuell und modern gestalteten Lebensformen begleitet werde. Das Angebot umfasst stationäre und teilstationäre Wohngruppen sowie einen Verselbstständigungsbereich mit Trainingswohnen und Betreutem Wohnen.

Das Haupteinzugsgebiet umfasst das Bundesland Hessen, hier vor allem den Rheingau-Taunus-Kreis, und die angrenzenden Bundesländer.

 

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Abschlusspunkt eines ganz besonderen Jahres

- Festakt anlässlich des 125jährigen Bestehens der Jugendhilfe Marienhausen - Vorträge beleuchten das Leben des Gründers Matthäus Müller und die heutige Lebenswelt von Jugendlichen

Viele Gäste kamen zum Festakt:

Aulhausen, den 20. November 2014.- Mit einem Festakt mit 150 geladenen Gästen endeten heute die Feierlichkeiten anlässlich des 125jährigen Bestehens der Jugendhilfe Marienhausen. „Mit einer Reihe besonderer Veranstaltungen haben wir im zurückliegenden Festjahr unserem Jubiläum einen für alle Beteiligten würdigen Rahmen gegeben“, freute sich Michael Scheuer, der Leiter der Jugendhilfe Marienhausen. Seit Jahresbeginn hat die Einrichtung eine Waldolympiade für die Kinder und Jugendlichen organisiert, die Mitarbeiter zu einer Fahrt nach Kloster Marienstatt, den Wurzeln der Einrichtung, eingeladen und war Veranstalter von zwei viel beachteten Festen: dem Inklusiven Zirkusprojekt und dem Open Air Festival Rock im Stift im Sommer.

„125 Jahre Jugendhilfe Marienhausen feiern zu können, ist nicht selbstverständlich“, betonten Michael Scheuer und Dr. Dr. Caspar Söling, Geschäftsführer der Sankt Vincenzstift gGmbH, die Träger der Jugendhilfeeinrichtung ist. „Es ist vielmehr ein besonderer Anlass zu feiern, weil es in der langen Geschichte der Einrichtung  immer wieder Zeiten und Vorkommnisse gab, die eine existenzielle Gefährdung für ihren Fortbestand bedeuteten, zumindest aber gravierende Veränderungen und Reformen mit sich zogen.“ Sie hoben vor allem zwei Ereignisse hervor: Die Übernahme der Einrichtung durch die Nazi-Diktatur von 1939 bis 1945, sowie die Trägerabgabe im Jahre 1991 durch den Erzieherorden der Salesianer Don Boscos, der zuvor über 60 Jahre für die Geschicke der Einrichtung Marienhausen verantwortlich zeichnete.

„Auch die unverzeihlichen  Vorkommnisse und Übergriffe der 60er und 70er Jahre, die sich  in vielen sozialen Einrichtungen ereigneten, so auch in Marienhausen, führten dazu, dass alle Verantwortlichen der Jugendhilfe angewendete Pädagogik und vorliegende Konzepte bis auf grundsätzliche Annahmen in Frage stellten, überarbeiteten und die Jugendhilfe im Allgemeinen und speziell auch bezogen auf Marienhausen einem radikalen Wandel unterzogen“, erinnerte Dr. Dr. Caspar Söling.

Heute sei die Jugendhilfearbeit zwar gut aufgestellt: Etwa durch verbesserte Betreuungsschlüssel, neue pädagogische Konzepte, eine wertschätzende Arbeit mit den Kindern, die Förderung von Partizipation und Kinderschutz in der Arbeit mit dem Heimrat, die konsequente und professionelle Arbeit mit Eltern und Familiensystemen. Doch die unmittelbare Zukunft  bringe neue Herausforderungen, so Michael Scheuer: „Wir müssen feststellen, dass gerade derzeit Gefährdungen und schwierige Problemlagen im Umfeld der Jugendhilfe zu erkennen sind, die von allen Verantwortlichen, Politikern, Strategen und in der Praxis Stehenden mit großer Aufmerksamkeit bedacht werden müssen.“

Er verwies auf die extrem hohe Zahl von Kindern und Jugendlichen mit psychiatrischen oder traumatisierten Hintergründen sowie auf die multiplen und schwer überschaubaren Störungen der Familiensysteme, in denen diese Kinder und Jugendlichen beheimatet seien. „Die Arbeit mit diesen Kindern erfordert ein hohes Maß an Fachlichkeit, Geduld und Konstanz. Dem gegenüber steht jedoch die Forderung, Jugendliche mit diesem Background  bereits zur  Volljährigkeit in den Einrichtungen so weit verselbständigt zu haben, dass sie einem Leben in der Gesellschaft gewachsen sind und auf eigenen Beinen stehen können. Dies in einer Zeit, in der Jugendliche und junge Erwachsene aus regulär funktionierenden Familien heute oft nicht vor ihrem 25. Lebensjahr den Schritt in eine eigene, selbstständige Lebensgestaltung  wagen“, unterstrich Michael Scheuer.

Auch die aktuelle explodierende Zahl von unbegleiteten Flüchtlingskindern und –jugendlichen, die derzeit in die Einrichtungen drängten und die teilweise ebenfalls mit massiven traumatischen Erlebnissen behaftet seien, stelle die Jugendämter und Einrichtungen vor schwierige organisatorische und pädagogische Herausforderungen.

„Deshalb gilt es gerade jetzt, sich der hohen gesellschaftlichen Relevanz der Jugendhilfe bewusst zu sein, Stärken, Standards, aber auch Grenzen und Schwächen zu erkennen und unlautere Forderungen nach Reduzierung von Leistungen ggf. auch sehr kritisch zu erwidern“, forderte der Leiter der Jugendhilfe Marienhausen, und dankte ausdrücklich den Vertretern des Rheingau-Taunus-Kreises, die sich immer für eine den Standards angemessene Jugendhilfe entschieden haben.

In Grußworten hatten zuvor Staatsminister Stefan Grüttner, die Landtagsabgeordnete Petra Müller-Klepper, die Kreisbeigeordnete Monika Merkert und Dr. Hejo Manderscheid, Direktor des Caritasverbandes für die Diözese Limburg e.V., die Bedeutung der Jugendhilfe Marienhausen für den Landkreis und die Region unterstrichen.

Die Veranstalter hatten darüber hinaus zwei Redner eingeladen, in Festvorträgen einerseits das Leben und Wirken des Prälaten Matthäus Müller, des Begründers der Kinder- und Jugendhilfe Marienhausen, näherzubringen, andererseits die Studie des SINUS-Instituts: „Wie ticken Jugendliche?“ vorzustellen.

„Warum haben wir Dr. Andreas Henkelmann von der Ruhr Universität Bochum gebeten, einen bedeutenden Teil des heutigen Festaktes unserem Gründer zu widmen?“, fragte Michael Scheuer. „Einerseits selbstverständlich  deshalb, weil er mit seinem Wirken vor 125 Jahren die Grundlage zum heutigen Festakt gelegt hat.  Mindestens genauso wichtig war für uns allerdings die Tatsache, dass Matthäus Müller ein Kämpfer und Verfechter seiner Ideen und Konzepte war, basierend auf seinem unerschütterlichen christlichen Glauben, dass er an sich und seine achtsame und wertschätzende Pädagogik geglaubt hat, und mit diesem Glauben insofern Berge versetzt hat, als er sich auch gegenüber lautesten Kritikern, schwierigsten Ausgangslagen und oft hoffnungslosen Situationen durchgesetzt hat. Vielleicht können wir davon heute einiges in unseren Alltag mitnehmen.“

In seinem Vortrag über den Gründer der Jugendhilfe Marienhausen ging Dr. Andreas Henkelmann von der Ruhr Universität Bochum unter dem Titel: ‚Ein konservativer Reformer: Matthäus Müller und die Entwicklung der Kinder- und Jugendfürsorge im Kaiserreich“ auf das Leben und Wirken des Geistlichen ein. Matthäus Müller (1846–1925) gehörte zu den wichtigsten Persönlichkeiten des caritativen Katholizismus im Kaiserreich. Er leitete von 1884 bis 1924 die Rettungsanstalt der Diözese Limburg, er begründete 1893 die ‚Diözesanidiotenanstalt‘ in Aulhausen, der er als Direktor bis 1902 ebenfalls vorstand. Dazu war er an der Entstehung des Seraphischen Liebeswerkes beteiligt, er gehörte von 1890 bis 1909 dem Vorstand an, und gründete 1897 den Caritasverband für die Diözese Limburg. Außerdem war Müller publizistisch tätig und äußerte sich regelmäßig zu Fragen der katholischen Kinder- und Jugendfürsorge in verschiedenen Fachzeitschriften.

Müller zählt zu den wichtigsten Reformern der katholischen Kinder- und Jugendfürsorge im Kaiserreich. Zu seinen zentralen Anliegen gehörte beispielsweise eine verbesserte Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher. Will man die Grundlagen und Verstehensprämissen seines Wirkens in ihrer Tiefenstruktur nachvollziehen, empfiehlt es sich, als Kontext die 1909 gegründete Vereinigung für katholische caritative Erziehungstätigkeit heranzuziehen, der auch Müller angehörte. Die Vereinigung trat wie Müller für Reformen ein und organisierte so die ersten katholischen Ausbildungskurse für Erziehungspersonal. Allerdings zeigen sich in wichtigen Fragen, v.a. mit Blick auf die sogenannten „Unerziehbaren“, deutliche Unterschiede auf. Eine Reihe von Mitgliedern folgte der Perspektive einer sozialdarwinistisch beeinflussten Psychiatrie und Psychologie und daraus resultierenden Lösungsvorschlägen. Müller reagierte auf derartige Entwicklungen skeptisch. Sein Erziehungsverständnis blieb auch im ausgehenden Kaiserreich primär religiös geprägt und baute auf einem Zusammenwirken von Vernunft, Liebe und v.a. Religion auf.

Den Bezug zu den Kindern und Jugendlichen der Gegenwart stellte Peter Martin Thomas her, der Leiter der Sinus-Akademie. „Die Vorstellung der Ergebnisse der Sinus-Studie ‚Wie ticken Jugendliche?‘ entführte die Gäste in die heutigen Lebenswelten junger Menschen. Die 2012 durchgeführte Studie basiert auf 72 Interviews mit Jugendlichen aus verschiedenen Städten, auf schriftlich gestellten Fragen zu ihrem Leben sowie aus Fotos, die die Befragten von ihren Zimmern gemacht hatten. Ein wichtiges Ergebnis: Es gibt kein einheitliches Bild der Jugend „von heute“, die Jugend lässt sich nur in ihrer Unterschiedlichkeit betrachten. Aus den Ergebnissen lassen sich jedoch sieben Lebenswelten herausarbeiten, die zeigen können, wie die Jugend in Deutschland denkt und fühlt: Das reicht von den sogenannten Prekären, die sich oft für die soziale Stellung ihrer Eltern schämen und Ausgrenzung wahrnehmen, über die experimentalistischen Hedonisten, die ihr Leben einfach genießen und möglichst kreativ gestalten wollen bis hin zu den Konservativ-Bürgerlichen, für die Selbstdisziplin wichtiger ist als Selbstentfaltung. Bei aller Verschiedenheit schätzen fast alle Jugendlichen traditionelle Werte wie Sicherheit, Pflichtbewusstsein, Familie und Freundschaft."

 

 

Zur Geschichte der Jugendhilfe Marienhausen:

Im Jahr 1889 zog die Diözesanrettungsanstalt „Zum Heiligen Josef“ unter Prälat Matthäus Müller von Marienstatt im Westerwald nach Marienhausen. Damals bot die Einrichtung Platz für 200 Kinder- und Jugendliche. 1924 übernahmen die Salesianer die Leitung des Kinder- und Jugendheims, die die Einrichtung, nach der Enteignung im Dritten Reich, ab 1945 wieder als Schüler- und Lehrlingsheim führten. Bis 1991 wurde die Anzahl der Plätze schrittweise auf unter 40 Plätze gesenkt.

1991 übernahm die Stiftung St. Vincenzstift Aulhausen und Rettungsanstalt zum Hl. Josef -heute die zur Josefs-Gesellschaft gehörende Sankt Vincenzstift gGmbH- die Trägerschaft. Mit dem Trägerwechsel erfolgte auch eine inhaltliche und konzeptionelle Neuorientierung.

Die Jugendhilfe Marienhausen hat sich in den vergangenen Jahren zu einem modernen Jugendhilfeverbund entwickelt. Auf Grundlage des SGB VIII hat eine weit reichende Differenzierung und Dezentralisierung stattgefunden. Die Einrichtung bietet Betreuung für rund 70 Kinder und Jugendliche, die in individuell und modern gestalteten Lebensformen begleitet werde. Das Angebot umfasst stationäre und teilstationäre Wohngruppen sowie einen Verselbstständigungsbereich mit Trainingswohnen und Betreutem Wohnen.

Das Haupteinzugsgebiet umfasst das Bundesland Hessen, hier vor allem den Rheingau-Taunus-Kreis, und die angrenzenden Bundesländer.

 

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